Was bringt mir denn die sektorale Heilpraktikererlaubnis?
Mehr Rechte, mehr Freiheit, mehr Verantwortung, mehr Einkommen, mehr Freude am Job.
Zumindest wenn man es schafft, die Möglichkeiten die sich einem bieten auch zu nutzen.
Das gelingt leider nicht jedem und daher äußern sich manche unzufrieden.
Wenn man aber weiß, wie man agieren kann und ein bisschen Engagement aufbringt, alte Arbeits- und Vermarktungsgewohnheiten aufzubrechen, dann lassen sich alle Faktoren physiotherapeutischer Tätigkeit spürbar verbessern.
"Aber ich darf dann ja nicht mehr als vorher! Was soll das dann?" liest man in den sozialen Medien immer wieder.
Dahinter steckt der Gedanke, dass man dann ja auch nur die Maßnahmen durchführen darf, die man als Physiotherapeut sonst auf Verordnung machen darf.
Das stimmt auch. Die Einschätzung jedoch, dass es den Physiotherapeuten an therapeutischen Techniken und Methoden mangelt, um erfolgreich Einschränkung von Bewegungsfähigkeit und Beschwerden am Bewegungsapparat zu behandeln, wird moderner Physiotherapie einfach nicht gerecht.
Die entscheidende Einschränkung ist, wie Physiotherapeuten die eigenen Fähigkeiten zur Anwendung bringen dürfen (oder eben nicht dürfen).
Der “große” Heilpraktiker darf prinzipiell auf ein größeres Spektrum an Maßnahmen zurückgreifen. Allerdings muss man auch die Sinnhaftigkeit vieler häufig verwendeter “alternativer” Maßnahmen in Frage stellen. Die Vorbereitung zum “großen” Heilpraktiker erfordert weit mehr Aufwand und ist mit dem Erlernen vieler Inhalte verbunden, die für Physiotherapeuten von geringer oder vollkommen fehlender Relevanz sind.
Der sektorale Heilpraktiker für Physiotherapie ist in der Lage, die großartigen Möglichkeiten der Physiotherapie genauso einzusetzen, wie der Therapeut selbst es für richtig hält und der Patient es benötigt.
- Der Therapeut wählt und bestimmt gemeinsam mit dem Patienten die Mittel, den Umfang und die Frequenz der Therapie. Dabei kann er sich vollkommen variable an Bedarf und Bedürfnisse anpassen.
- Patienten ohne Verordnung können direkt behandelt werden
- ohne Folgeverordnung, kann ebenso vollkommen rechtssicher weiterbehandelt werden
- Patienten, die eine Verordnung haben, können ergänzende notwendige und sinnvolle Maßnahmen oder zusätzliche Therapieeinheiten erhalten
- alle heilkundlichen Maßnahmen sind von der Umsatzsteuer befreit
Mit dem Direktzugang lassen sich hervorragend neue Zielgruppen erschließen.
Gerade bei muskuloskelettalen Beschwerden wollen viele akute Hilfe und Erleichterung ohne allzu großen Aufwand.
Insbesondere Selbstständige scheuen den Gang zum Physiotherapeuten, da üblicherweise ein langer Umweg über den Arzt notwendig ist.
Das ist zu zeitaufwendig und mühsam, um die zwar oft sehr unangenehmen und hinderlichen, aber nicht akut bedrohlichen Probleme, zeitnah anzugehen.
Darüber hinaus bleiben viele Patienten auf dem Weg hängen, da die Ärzte lieber eigene Leistungen anbieten, auch weil sie das Potenzial der Physiotherapie oft nicht kennen oder aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen.
Der Heilpraktiker Physiotherapie kann schnell und ohne Umwege Abhilfe schaffen und so große Wertschätzung erfahren.
Allerdings bringt dieser Direktzugang eben auch mehr Verantwortung.
Während sonst der Arzt die Aufgabe hat vor der Überweisung zum Therapeuten Untersuchungen auf mögliche schwerwiegende und vielleicht akut bedrohliche Erkrankungen durchzuführen, fällt diese enorm wichtige Aufgabe nun dem Physiotherapeuten selber zu.
Gibt es Hinweise auf Krebserkrankungen, Herzleiden, Erkrankungen abdomineller Organe, Gefäß- oder Nervenschäden? Welchen Einfluss könnten Medikamente haben? Welche Rolle spielen psychogene oder psychosomatische Faktoren?
Das und vieles mehr muss der Therapeut sicher und verlässlich einschätzen können.
Wer überzeugt ist, dass er mit physiotherapeutischen Mitteln seine Patienten nicht adäquat behandeln kann und auf fachfremde Methoden zurückgreifen muss, der benötigt den “großen” Heilpraktiker.
Alle diejenigen die erkennen, dass mit einer Fokussierung auf optimale physiotherapeutische Versorgung, den meisten Patienten viel mehr geholfen werden kann als mit dem Aufweichen des eigenen Kompetenzfeldes, sollten sich aber bewusst für den sektoralen Heilpraktiker für Physiotherapie entscheiden.
Der Heilpraktiker Physiotherapie
Direktzugang per "Abkürzung"
Die Notwendigkeit der Ausbildung, die es Physiotherapeuten ermöglicht, auf ärztliche Verordnung hin tätig zu werden, und die dort zu erlernenden Methoden, sind im Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) bzw. der Ausbildungsverordnung geregelt.
Dass es überhaupt einer Verordnung bedarf, dafür ist jedoch das Heilpraktikergesetz verantwortlich.
Denn hier ist geregelt, dass in Deutschland nur Ärzte und Heilpraktiker eigenständig heilkundlich tätig werden dürfen. Auch wenn diese nicht explizit erwähnt werden, bedeutet dies für alle Gesundheitsfachberufe, dass diese nur unter der Verantwortung eines Arztes (oder Heilpraktikers) delegierbare Anwendungen zu heilkundlichen (therapeutischen) Zwecken durchführen dürfen.
Bei vielen ausgebildeten Therapeuten sorgt dieses Gesetz immer wieder für Unverständnis und Ärger. Aber letztendlich, ist dieses Gesetz heute wohl mehr Segen als Fluch für alle Physiotherapeuten.
Ein Heilpraktiker benötigt überhaupt keine Ausbildung und darf vielfältige und sogar invasive Maßnahmen an Patienten durchführen.
Lediglich eine schriftliche und mündliche Prüfung beim Gesundheitsamt muss er vorher bestehen. Ein ausgebildeter und sehr umfangreich geprüfter Physiotherapeut darf ohne Verordnung im Grunde gar nicht behandeln. Das scheint in keinem vernünftigen Verhältnis zu stehen.
Allerdings sind es auch einfach zwei ganz unterschiedliche Dinge und daher kaum zu vergleichen.
Bei einer staatlich anerkannten Berufsausbildung geht es um das Erlernen berufstypischer Fähigkeiten und Fertigkeiten nach gewissen Standards.
Jeder Patient und Arzt kann sich so darauf verlassen, dass ein Physiotherapeut die berufstypischen Maßnahmen kennt und durchführen kann.
Die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung “Physiotherapeut/in” zu tragen, bescheinigt frei formuliert: “Person X hat das Wissen und die praktischen Fähigkeiten entsprechend der Ausbildungsverordnung erlernt und unter Beweis gestellt, diese zu beherrschen.
Er/Sie ist in der Lage, physiotherapeutische Maßnahmen sicher und korrekt anzuwenden”.
Es geht dabei um die korrekte Ausführung einer entsprechenden therapeutischen Maßnahme.
Beim Heilpraktiker ist das anders. Die korrekte Ausführung therapeutischer Maßnahmen wird hier nicht geprüft und deren Beherrschung nicht bescheinigt.
Unter “Beweis” gestellt werden muss vom Anwärter lediglich, dass er bei der Auswahl heilkundlicher Maßnahmen keine Gefahr für den Einzelnen und die Allgemeinheit darstellt.
Im Grunde muss der Heilpraktiker wissen, was er darf und was er nicht darf und er muss wissen, wie er die Situationen differenzieren kann.
Darauf werden wiederum Physiotherapeuten/innen in Ihrer Berufsausbildung weder direkt vorbereitet, noch am Ende entsprechend geprüft.
Diese Differenzierung (Diagnostik) muss daher zunächst jemand anderes (ein Arzt oder Heilpraktiker) durchführen, bevor der Physiotherapeut tätig werden darf.
Es sind also zwei verschiedene Dinge.
Der Heilpraktiker wiederum darf streng genommen nach dem Ablegen der Prüfung auch nicht einfach therapeutisch tätig werden.
Auch der Heilpraktiker darf “den Bereich des sicheren Könnens” nicht verlassen. Er muss also angemessen sicher beherrschen, was er anwenden möchte, um es auch anwenden zu dürfen.
Die Einschätzung, ob er genügend Fähigkeiten und Fertigkeiten besitzt, obliegt ihm allerdings erstmal selber, zumindest so lange ihn niemand wegen einer Schädigung verklagt und ein Richter eine Einschätzung dazu finden muss.
Dann müsste der Heilpraktiker im Zweifel entsprechende Kenntnisse nachweisen.
Dann kam der sektorale Heilpraktiker
…und damit eigentlich die perfekte Symbiose dieser zwei so unterschiedlichen Ansätze von Berufserlaubnissen.
Für die Sicherstellung ausreichender Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Anwendung physiotherapeutischer Maßnahmen sorgt die Ausbildung samt Abschlussprüfung.
Für die Sicherstellung ausreichender Fähigkeiten in Bezug auf Differentialdiagnostik und ausreichend Wissen zu den Grenzen der eigenen therapeutischen Möglichkeiten und Kompetenzen, sorgt die (eingeschränkte) Heilpraktikerprüfung bzw. die Nachqualifikation.
Somit haben Patienten jetzt die Möglichkeit, direkt mit Ihren Beschwerden einen Physiotherapeuten aufzusuchen.
Sie sollen darauf vertrauen können, dass dieser die physiotherapeutischen Maßnahmen beherrscht und gleichzeitig auch in der Lage ist zu erkennen, wann andere Maßnahmen als die der Physiotherapie indiziert sind.
Einige Physiotherapeuten äußern ein gewisses Unbehagen bzgl. des sektoralen Heilpraktiker für Physiotherapie. Es sei eine Abwertung der physiotherapeutischen Ausbildung, wenn erst der Heilpraktiker den Direktzugang ermögliche.
Wir denken aber man sollte es als Aufwertung wahrnehmen.
Der Direktzugang zur Physiotherapie ohne Heilpraktikererlaubnis war stets in weiter Ferne.
Es wurde aber gerichtlich festgestellt, dass Physiotherapeuten schon fast alles mitbringen für den Direktzugang.
Es fehlt nur der Nachweis über grundlegende Fähigkeiten der Differentialdiagnostik (und, aus rechtlichen Gründen, ein bisschen Wissen der Berufskunde des Heilpraktikers).
Für alle ausgebildeten Physiotherapeuten ist das nur noch ein kleiner Schritt, der Ihnen große neue Möglichkeiten eröffnet und im Grunde erst ein freies eigenständiges Berufsbild schafft.